Riga

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Der Abschied aus Viljandi ist auch gleichzeitig unser Abschied aus Estland.

Wir haben uns mächtig wohl gefühlt, in dem sehr gastfreundlichen, aufstrebenden Land und drücken die Daumen, dass im Zuge der rasanten Entwicklung nicht auch die angenehme ‚Langsamkeit‘ abhanden kommt!!

‚Nägemiseni‘, gerne kommen wir wieder!

Lettland, wir kommen;)

Genauso gerne würden wir mit unserer Lettland-Erkundung im Gauja-Nationalpark anfangen;) – Liegt auch noch grad direkt an der Strecke!…

Nur leider werden wir die vielen Naturdenkmäler dieses mal nicht sehen, da unsere Neugier mit zunehmender Hitze (es hat schon 34Grad und es ist noch nicht mal Mittag!!*keuch*) und Länge der lausigen Schotterstraßen (die längste ist 20km!) exponentiell schwindet!!

Viel Heiß, viel Staub = keine Lust aus der klimatisierten Elli auszusteigen (ups…;) ) Naja, kann ja mal vorkommen*grins*…auf jeden Fall ‚holtertipoltern‘ wir straight nach Riga durch…

Die Straßen sind so schlecht, dass wir absolut ausnahmsweise auf die ‚Autobahn‘ fahren. Dabei handelt es sich laut unseren Maßstäben eher um eine Art Bundesstraße. Staunenderweise finden sich hier sogar Bushaltestellen und Fahrradfahrer*guckstDu*…

ambivalentes Riga

Auch Riga ist verkehrstechnisch eine echte Herausforderung. Hier auf den Straßen scheinen komplett andere Gesetze zu gelten als bisher auf unserer Reise.

Zudem besteht die lettische Hauptstadt natürlich nicht nur aus der, ganz bestimmt (hoffentlich), grandiosen Altstadt – nein!, die 700.000 Einwohner müssen ja irgendwo eine Arbeit und ein Zuhause haben. Und dafür gibt es einen großen Gürtel an alt-sozialistischen Plattenbauten und peripherer Industrie, den wir erst einmal ‚bezwingen‘ müssen.

Mit unserem verwöhnten Münchner-Speckgürtel-Blick bleibt uns über den schlechten Zustand mancher, offensichtlich bewohnten Gebäude allerdings der Mund offen stehen…

Stellplatz mit Aussicht:)

Clever wie wir sind*grins*, haben wir rechtzeitig die Koordinaten des ‚Riverside-Campingplatzes‘ eingegeben…es werden nämlich ALLE Augen auf der Straße gebraucht*uff*

So können wir unbeschadet die Durchfahrt des herrschenden Chaos bewältigen und freuen uns riesig, dass tatsächlich noch ein Stellplatz direkt am Ufer der Düna (lett.Daugava) für uns frei ist.

Jetzt müssen wir erst mal a bissal ausruhen und genießen dabei die Aussicht auf die nahe gelegene Altstadt !! … Dann allerdings zieht es uns mit den Radln, noch am Nachmittag zu den viel gepriesenen Sehenswürdigkeiten.

Laut unserer Erfahrung solltet ihr euch Städte in beleuchteter Abendstimmung nicht entgehen lassen*yeah*

Hm, nur leider ist ‚der Fahrradfahrer‘ als Verkehrsteilnehmer-Spezies hier eher unbekannt (vermutlich hat man in der Fahrschule schon einmal von ihm gehört, aber…?!?) Erinnerungen ans Box-Auto-Fahren kommen hoch! – Da muss man doch auch so einen allgegenwärtigen Rundumblick haben, um waghalsigen Scootern zu entkommen!! – ähnlich hier!, nur sind echte Autos die ‚Gegner’*Uiiiuiiiuiii*

Man sieht, die lettische Hauptstadt war schon seit ihrer Gründung im Jahr 1201 ein beliebter Handelsort, was auch architektonisch verschiedene Einflüsse mit sich brachte.

Ihre Lage ist perfekt, um über die Ostsee nach Norden und Osten zu kommen und über die 1000 km lange Düna und die 3500 km lange Wolga wurden Waren in Richtung Süden und bis zur Seidenstraße geschippert….

So hatten Russen, Dänen, Schweden und Deutsche gleichermaßen großes Interesse an diesem Gebiet, was leider viele verlustreiche Schlachten und Kriege zur Folge hatte.

Die damals hier ansässigen kleinen Völker (Esten, Litten, Liven, Kuren, Semgaller, Selonen) waren zu dieser Zeit noch nicht christianisiert. So wurde im Jahr 1202 zum ‚Schutz‘ von Riga der deutsche Schwertbrüderorden gegründet und von da an alle ethnischen Gruppen unterworfen und getauft, ihre Ländereien aufgeteilt… ohne Worte!!
Als der Deutsche Orden 1219 die Burg Reval (heute Tallinn) an die Dänen verlor, fand er in der florierenden Hansestadt eine ’neue Heimat‘ und schloss sich mit dem Schwertbrüderorden zusammen. Somit war es den deutschen Handelsleuten möglich, bis zur Reformation(1517), also noch 300 Jahre lang, über Handel und Handwerk in dieser Region zu bestimmen…

sehenswerte Altstadt

Als wir im historischen Zentrum, auf dem Domplatz ankommen, stehen da erst einmal jede Menge Bären rum!…Nicht Braun-, nicht Gummi-, nein, Kunst-Bären!

Kunst im Sinne von: Zeichen von Verbundenheit und besserem Verständnis aller im Bund ‚Vereinte Nationen‘. 146 Bären – gestaltet von 146 Künstlern aus 146 Ländern (da fehlen ja noch 37, bei 193 Mitgliedsstaaten…naja, wurscht;)) – Die Aktion ist cool! Als Erlös durch Spenden und/oder Versteigerungen kamen bisher schon 2,18 Mio. Euro für UNICEF zusammen – Respekt!

Hier ist die Wander-Ausstellung hier im Rahmen der 100-jährigen Unabhängigkeit installiert und findet viel Anklang.

Aus selbem Anlass, aber schon viele Jahre zuvor, wurde das Freiheitsdenkmal ‚Milda‘ erbaut. Die schlanke, 42m hohe Frauen-Statue wurde 1933-35 aus Mitteln der damaligen Bevölkerung finanziert und ist ganzer Stolz der Letten.

Auch heute noch sieht man der Altstadt, die mittlerweile zum Weltkulturerbe gehört, den Reichtum aus ihrer Blütezeit an. Unzählige Jugendstilfassaden wurden liebevoll restauriert und herausgeputzt.
Wir bestaunen das reich verzierte Schwarzhäupterhaus (14.Jhd.,ursprünglich eine Vereinigung unverheirateter Kaufmannsgesellen) am Rathausplatz, die alte Rigaer Börse(„Rīgas Birža“ 1850) am Domplatz, in der heute das Kunstmuseum untergebracht ist, die Nationaloper(1863), die orthodoxe Christi-Geburtskathedrale, die zu Sowjet-Zeiten als Planetarium und Restaurant überlebt hat, und unzählig viele wunderbar renovierte Kaufmanns-, Stadt- und Herrenhäuser.

Eine nette Anekdote bringt das, gegenüber dem Gilde-Haus stehende ‚Katzenhaus‘ mit sich. Der damalige Eigentümer, ein reicher lettischer Kaufmann, wird nicht in die Große Gilde aufgenommen. Darüber ist er so sauer, dass er eine ‚raulige‘ Katze auf’s Dach montiert – allerdings mit dem Allerwertesten Richtung Gilde-Haus…(hat ihm leider nix gebracht, nach fettem Skandal und richterlichem Beschluss muss er sie umdrehen..)

Ein besonderer Hingucker ist auch der Neubau(2015) der Nationalbibliothek am gegenüberliegenden Ufer der Daugava. Die dortige Sammlung umfasst mehr als 5 Millionen Titel – da hat ma a bissal was zu lesen…

Ein weiteres ‚Muss‘ sind die 5 riesigen alten Markthallen, die wir mit allen Sinnen erleben. Ursprünglich als Zeppelinhallen gebaut beherbergen sie schon seit 1930 alles was zum Essen ist;)) Daniels Nase zieht’s, zum Leidwesen von Susi’s Nase, eher in die Fleisch- und Fisch-Halle, Susi kann sich kaum vom riesigen Gewürzangebot trennen, wobei hier Daniel das Chaos zu groß ist! ;)) – In Ruhe fündig werden wir beide bei den (krassgünstigen) Gemüse- und Obsthändlern!

Zusammen mit dem 4,1 ha großen Außengelände besteht die Möglichkeit auf 5,7 ha Lebensmittel einzukaufen! Nicht umsonst heißt der Zentralmarkt ‚Der Bauch Rigas‘

Mit frischem Knoblauch, Zwiebeln, Kirschen, schw.Johannis- und Blaubeeren, zweierlei Mirabellen und großen Bedenken, ob das alles noch in Ellis Kühschrank Platz hat, radeln wir völlig begeistert vom Flair der Stadt am Stadtstrand vorbei wieder zurück auf den Campingplatz. Alles einfach genial, – letztendlich;))

Ratzfatz ist ein Abend und der nächste Vormittag vorbei. Randvoll gefüllt mit Essen und tollen Eindrücken satteln wir die Elli und Verabschieden uns von einer wunderbaren Stadt, der man allerdings trotz aller Hingabe die sozialistische Vergangenheit noch deutlich anmerkt.

Auch die Tatsache, dass fast so viele Russen(40%) wie Letten(46%) hier leben führt zu einer relativer Zerissenheit. So ist z.B. seit Juni (bis Okt.) die Biennale mit dem Thema ‚Wandel‘ in der Stadt. Ein weiteres Zeichen von Aufbruch und Versöhnung.

Sehr zwiespältig stehen die traumatisierten Letten allerdings der Tatsache gegenüber, dass ein russischer Oligarch alleiniger Finanzier dieser Kunstveranstaltung ist. Viele von ihnen befürchten einen hinterhältigen russischen Überfall und dann die Rückkehr der Besatzung.

Diese Spannung und Unsicherheit ist selbst bei unserem kurzen Besuch zu spüren.

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